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Interview mit Lars Wolfram über „Messbarkeit und ihre Bedeutung für HR“ 

  • Autorenbild: Dominik Bernauer
    Dominik Bernauer
  • 26. Nov.
  • 6 Min. Lesezeit

Lars Wolfram ist Co-Founder und Director Business Development bei der Talents Connect AG. Vor über zwölf Jahren hat er das HR-Tech-Unternehmen mitgegründet – mit einer klaren Mission: Recruiting und Employer Branding aus der Bauchgefühl-Ecke rausholen und messbar machen. Heute arbeitet talentsconnect mit über 600 Unternehmen zusammen und hat die Kategorie „Direct-to-Talent" im deutschsprachigen Raum geprägt. Darüber hinaus ist Lars im Beirat von hooman. Lars selbst versteht sich als „Außenminister" seines Unternehmens – er baut Brücken zwischen HR, IT und Business und stellt dabei immer wieder die entscheidende Frage: Welchen messbaren Wert stiften wir eigentlich? 

Im Interview spricht Lars darüber, warum Employer Branding ohne Messbarkeit keine Zukunft hat und wie HR vom Kostenfaktor zum echten Profit Center werden kann. Viel Spaß beim Lesen!


Lars, viele kennen dich aus der HR-Tech- und Employer-Branding-Szene, aber vielleicht nicht alle. Wie würdest du selbst deinen Weg und deine Rolle bei talentsconnect beschreiben?


Ich bin Gründer durch und durch. Seit über zwölf Jahren bauen wir mit talentsconnect HR-Tech-Lösungen. Unser Ziel war von Anfang an, Recruiting und Employer Branding aus der Bauchgefühl-Ecke zu holen und messbar zu machen. Heute arbeiten wir mit über 600 Unternehmen zusammen und haben die Kategorie „Direct-to-Talent“ geprägt, weil wir überzeugt sind: Wer Talente gewinnen und halten will, muss die Candidate und Employee Experience wie einen Business Case steuern. Meine Rolle ist dabei als „Außenminister“, Brücken zu schlagen, zwischen HR, IT und Business. Und immer wieder die Frage zu stellen: Welchen messbaren Wert stiften wir?


Warum ist aus deiner Sicht gerade jetzt das Thema Messbarkeit im Employer Branding so entscheidend geworden?


Weil Employer Branding ohne Messbarkeit keine Zukunft hat. Wir befinden uns in einem massiven Arbeitskräftemangel: Bis 2030 fehlen in Deutschland rund vier Millionen Fachkräfte. Unternehmen können es sich nicht leisten, in schöne Kampagnen zu investieren, ohne zu wissen, was sie bringen. Messbarkeit schafft Transparenz: Welche Kanäle funktionieren? Welche Botschaften ziehen? Und vor allem: Welchen Beitrag leistet Employer Branding zu Business-Zielen wie Umsatz, Marge oder Innovationskraft? Durch Studien von Universum (Quelle: https://universumglobal.com/resources/blog/employer-branding-benefits/) und anderen wissen wir längst, dass Unternehmen mit einer starken Arbeitgebermarke ihre Rekrutierungskosten deutlich senken und offene Stellen schneller besetzen können. Die Werte schwanken, je nach Studie, doch die Richtung ist klar: Unternehmen, die die Wirkung von Employer Branding messen, können sie auch gezielt steuern – statt nur auf Wirkung zu hoffen.  


Entscheidend ist weniger, alle möglichen Kennzahlen perfekt zu erheben, sondern die richtigen Fragen zu stellen: Welche Daten helfen uns, Zusammenhänge besser zu verstehen? Wo sehen wir, dass eine Investition tatsächlich Wirkung zeigt? Ist es bei der Bewerberqualität, bei der Geschwindigkeit im Prozess oder der Bindung bestehender Teams? Die “richtigen” Fragen lauten dabei in jedem Unternehmen ein wenig anders.  

Messbarkeit bedeutet letztlich, bessere Entscheidungen zu treffen. Und heute, 2025, haben wir dank moderner Technologien, integrierter Datenplattformen und KI-gestützter Analysen die Mittel, diese Entscheidungen auf einer belastbaren Datenbasis zu treffen.


Kann Employer Branding ohne Messbarkeit heute überhaupt noch funktionieren?  


Kurz gesagt: nein. Employer Branding ohne Messbarkeit bleibt ein „nice to have“. Entscheider im Vorstand oder CFOs wollen harte Fakten. Wer hier keine Zahlen liefert, verliert Budget und Einfluss. Deshalb braucht Employer Branding heute dieselbe Sprache wie Finance oder Sales: Also KPIs, Benchmarks und Return on Investment (ROI).  


Siehst du Synergieeffekte zwischen Employer Branding und anderen HR-Disziplinen – zum Beispiel Recruiting, wenn man Messbarkeit ernsthaft angeht? ​​Und wie lassen sich diese Synergien strategisch nutzen, um Geschäftsziele zu erreichen?​​​


Absolut. Employer Branding ist kein isoliertes Spielfeld, sondern die Basis für Recruiting und Retention. Wenn ich weiß, welche Botschaften Bewerber:innen anziehen, kann ich meine Recruiting-Strategie optimieren. Wenn ich sehe, welche Werte die Bindung fördern, habe ich einen Hebel für Retention. Genau hier liegt der Charme: Messbarkeit macht Synergien sichtbar und sorgt dafür, dass Employer Branding nicht als Kostenstelle, sondern als Profit Center gesehen wird.    Ein Beispiel: Beim Projekt mit SARIA haben wir gesehen, dass Bewerber:innen vor allem durch die klare Kommunikation der Benefits und authentische Stellenbeschreibungen überzeugt wurden. Gerade im Blue-Collar-Bereich ist das wichtiger als große Purpose-Versprechen. Auf der Bindungsseite war der entscheidende Hebel ein strukturiertes Onboarding, bei dem keine offenen Fragen blieben, kombiniert mit der positiven Erfahrung im Arbeitsalltag. Dieses Zusammenspiel von ehrlicher Außendarstellung und guter interner Realität hat dazu geführt, dass Recruiting schneller und erfolgreicher wurde und gleichzeitig die Frühfluktuation massiv gesenkt werden konnte.  


Werden Employer Branding und die Arbeitgebermarke zu oft als „weiche“ Themen abgetan? Wie kann HR zeigen, welchen messbaren Beitrag sie zum Unternehmenserfolg leisten?


Der Schlüssel ist, Employer Branding auf Business-Ebene zu übersetzen. Das heißt: Wir messen nicht nur Klicks oder Likes, sondern Kennzahlen wie Talent Acquisition Costs (TAC) und Talent Lifetime Value (TLV). Wenn eine starke Arbeitgebermarke dafür sorgt, dass Stellen schneller besetzt werden, spart das messbar Geld und steigert den Umsatz. Wenn weniger Neueinsteiger nach drei Monaten wieder gehen, erhöht das direkt die Gewinnmarge.     Ein konkretes Beispiel: Bei SARIA konnten wir die Frühfluktuation von 12 auf 9 Prozent senken. Durch authentischere Stellenanzeigen und klare Kommunikation, sodass Kandidat:innen nach Vertragsunterschrift weniger Parallelangebote angenommen haben. In der Praxis bedeutet das: Statt 70 verlassen nur noch 52 Personen das Unternehmen in der Probezeit. Der Effekt: mehrere Hunderttausend Euro jährliche Einsparungen und ein klarer Beweis, dass Employer Branding direkt auf die Gewinn- und Verlustrechnung einzahlt. Siehe Case Study unter: https://www.talentsconnect.com/customer-success-stories/so-schaffte-saria-den-sprung-vom-cost--zum-profit-center  


​​​Wie kann Messbarkeit im Employer Branding nicht nur HR-Prozesse verbessern, sondern auch direkt zur Unternehmensstrategie und zu messbarem Geschäftserfolg beitragen?​​

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​​​Indem Employer Branding den Sprung aus der HR-Silo-Logik schafft. Wenn wir zeigen, dass eine offene Vakanz pro Tag mehrere tausend Euro kostet, dann ist klar: Recruiting und Branding sind nicht „weich“, sondern Teil der Unternehmensstrategie. Messbarkeit macht sichtbar, wie HR-Themen direkt auf Umsatz, Marge oder Kundenzufriedenheit einzahlen. Das verändert die Rolle von HR, von der reaktiven Service-Einheit zum echten Profit Center.​​  

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Das Projekt mit SARIA ist eine Erfolgsgeschichte. Was war aus deiner Sicht der entscheidende Gamechanger in der Herangehensweise an Messbarkeit?


Der Gamechanger war, dass wir den gesamten Employee Lifeycle wie einen Business-Case behandelt haben. Wir haben nicht nur die Außendarstellung gemessen, sondern die komplette Reise vom ersten Touchpoint, über die Einstellung und das erfolgreiche Onboarding bis zur ungewollten (Früh)-Fluktuation. Dadurch wurde sichtbar: Wo verlieren wir Kandidat:innen und Mitarbeiter:innen? Wo liegen die echten Kosten? Und wie können wir mit gezielten Maßnahmen einen positiven Impact erzeugen? Dieses Denken hat HR bei SARIA eine ganz neue Stellung gegeben.  


Welche Art von Daten sollten Unternehmen überhaupt erheben, um die Wirkung ihrer Employer-Branding-Maßnahmen zu verstehen?


Employer Branding darf nicht nur an der Außenwirkung (TAC) gemessen werden. Es geht genauso um die Wirkung nach innen (TLV). Also darum, wie sich bestehende Mitarbeiter:innen mit dem Unternehmen identifizieren.  

Ich sehe drei entscheidende Datenebenen:


  1. Sichtbarkeit & Konvertierung: Klassische Kennzahlen wie Reichweite, Bewerbungszahlen, Conversion Rates.    

  2. Innenwirkung & Bindung: Daten zu Mitarbeiterzufriedenheit, Identifikation mit den Unternehmenswerten, Weiterempfehlungsrate („Employee Net Promoter Score“), aber auch harte KPIs wie Fluktuationsquote, Frühfluktuation und interne Mobilität. Denn eine starke Arbeitgebermarke wirkt auch nach innen stabilisierend.    

  3. Business Impact: die Übersetzung in Euro: niedrigere TAC, geringere Fluktuationskosten, höhere Produktivität oder Innovationskraft für eine Steigerung des TLV.  


Wie schafft man es, dass nicht nur HR, sondern auch Geschäftsführung und andere Abteilungen das Thema Messbarkeit im Employer Branding ernst nehmen?    


Indem man in ihrer Sprache spricht. Ein CEO interessiert sich für hart messbare Business Outcomes. Ein CFO will wissen: Wie wirkt sich Employer Branding auf das Betriebs<ergebnis aus? Wenn wir diese Übersetzung leisten, steigt automatisch das Interesse und Employer Branding wird Teil der strategischen Steuerung.  


Welche Rolle spielen Tools – wie etwa die von talentsconnect – dabei, Employer Branding zu einem steuerbaren Prozess zu machen?  


Tools machen Employer Branding messbar und vergleichbar. Mit unserem Direct-to-Talent Ansatz und der talentsconnect Suite können Unternehmen in Echtzeit sehen: Wo verlieren wir interne und externe Talente? Wo liegen die größten Hebel? Wie ist der ROI meiner Maßnahmen? Das schafft eine Steuerungslogik, die HR vorher nicht hatte: ähnlich wie ein CRM im Vertrieb. Erst durch Tools entsteht aus Bauchgefühl ein datenbasierter Prozess, den man kontinuierlich verbessern kann.  


Was sind deiner Erfahrung nach typische Fehler, die Unternehmen machen, wenn sie versuchen, Employer Branding messbar zu gestalten?


Ein häufiger Fehler ist, nur an der Oberfläche zu messen: Also Kampagnen-KPIs, aber nicht den eigentlichen Business Impact. Ein zweiter Fehler: Daten nicht zu verknüpfen. Wenn Marketing, Recruiting und Retention isoliert messen, bleibt der große Hebel unsichtbar. Und der dritte Fehler ist kulturell: Viele trauen sich nicht, über harte Euros zu sprechen und/oder fürchten Transparenz, weil sie Herausforderungen sichtbar macht. Aber genau da liegt die Chance, zu lernen und besser zu werden.    So haben wir beispielsweise Unternehmen gesehen, die stolz auf hohe Klickzahlen und Reichweiten ihrer Employer-Branding-Kampagnen waren. Bis eine genauere Analyse zeigte, dass 20 Prozent der Neueinsteiger:innen das Unternehmen schon nach drei Monaten wieder verließen. Es stellte sich raus, dass Marketing, Recruiting und HR zwar jeweils eigene Daten erhoben, aber kaum miteinander geteilt oder gemeinsam ausgewertet haben. Die Strukturen im Unternehmen sahen keine enge Zusammenarbeit vor, sodass das Problem lange unbemerkt blieb. Es wurde erst sichtbar, als die Fluktuation schon deutliche Lücken hinterlassen hatte. Das Ergebnis: Trotz erfolgreicher Social-Media-Performance entstanden deutlich höhere Kosten, weil offene Stellen länger unbesetzt blieben und zusätzliche Recruiting-, Einarbeitungs- und Produktivitätsverluste anfielen.  


Wenn wir in drei Jahren auf das Thema zurückschauen – wie wird sich die Messbarkeit im Employer Branding bis dahin verändert haben?


In drei Jahren werden wir über Direct-to-Talent sprechen wie heute über Direct-to-Consumer. HR wird nicht mehr nur reaktiv offene Stellen füllen, sondern strategisch zeigen: So viel Wert schaffen wir durch Talente über ihren gesamten Lebenszyklus. Die Messbarkeit wird dabei durch KI, bessere Datenqualität und klare Benchmarks noch präziser.  

Neue Datenquellen werden eine zentrale Rolle spielen: von internen Personaldaten, Onboarding- und Fluktuationsraten bis zu externen Arbeitsmarkt- und Gehaltsdaten oder sogar Customer-Daten. Damit sind keine individuellen Kundendaten gemeint, sondern Erkenntnisse aus Marketing und Vertrieb – etwa darüber, wie Zielgruppen ticken, welche Botschaften wirken und wie sich Markenwahrnehmung auf Bewerberentscheidungen überträgt. Je stärker wir diese Quellen verknüpfen, desto klarer lässt sich zeigen, welchen Business-Impact Employer Branding tatsächlich hat. So wird aus HR nicht nur ein Enabler, sondern ein echter Werttreiber im Unternehmen.      


Vielen lieben Dank für Deine wertvollen Insights, lieber Lars! Wir hoffen, dass in Zukunft noch deutlich mehr Unternehmen auf die Kraft von Messbarkeit im Employer Branding und Recruiting setzen.


Das Gespräch führte: Dominik Bernauer 

 
 
 

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